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Kommt das AUS für Wernshausen? Förderverein kämpft für den Erhalt des Schulstandortes

C MKD [thüringen]/Maria Wilhelm/Katrin Barth

Nachrichten

Kommt das AUS für Wernshausen? Förderverein kämpft für den Erhalt des Schulstandortes

 

Kontakt zum Schulförderverein „Werratal“ e.V. der Grundschule Wernshausen:

Bahnhofsallee 11

98574 Schmalkalden

OT Wernshausen

www.gs-wernshausen.de/schulförderverein

Mail: foerderverein@gs-wernshausen.de

Facebook: https://www.facebook.com/SchulfoerdervereinWernshausen

Instagram: https://www.instagram.com/foerderverein_gs_wernshausen/

 

 

Wernshausen – Die Grundschulen Oepfershausen, Kaltenwestheim, Oberhof, Kühndorf und Wernshausen sollten geschlossen werden. So sah es ein 269-seitiges Analyse Papier der Kreisverwaltung, welches den Fraktionsspitzen des Ältestenrates des Kreistages, unter dem Mantel der Verschwiegenheit übergeben wurde, vor.

Doch die heikle Information drang schnell an die Öffentlichkeit und führte zu vehementen Protesten und zumindest zu einem zeitlich befristeten einlenken der politischen Entscheidungsträger.

Doch die Uhr tickt. Alle fünf Grundschulen kämpfen um ihr Überleben. Spätestens 2024 soll eine Entscheidung fallen.

Wir sprachen mit Stefan Tanneberger, Vorsitzender des Schulfördervereins „Werratal“ e.V., über die aktuelle Situation der Grundschule Wernshausen, was getan werden kann und wie der Erhalt des Schulstandortes Wernshausen gesichert werden soll…

 

Herr Tanneberger, die Grundschule Wernshausen ist eine von fünf Grundschulen des Landkreises Schmalkalden-Meiningen welche geschlossen werden sollen. Auch wenn man dies erst einmal abwenden konnte, wie groß ist die Gefahr, dass die Schule tatsächlich geschlossen wird?

Der Bildungsausschuss des Landkreises hatte im Jahr 2019 mit einem neuen Schulnetzplan begonnen, diesen aber auf Grund der ohnehin schwierigen Corona-Situation im Jahr 2020 erst einmal zurückgestellt. Die Landrätin hat daraufhin Ende 2021 die Verwaltung mit der Erstellung eines eigen Planes beauftragt, in dessen Folge auch die Grundschule Wernshausen als eine von 5 Grundschulen schließen sollte. Der Aufschrei bei den Schulen, den Fördervereinen, den betroffenen Gemeinden und bei vielen anderen war im Januar 2022 entsprechend groß.

Die Entscheidung fiel insbesondere auf die kleinsten Schulen und die mit dem größten Sanierungsbedarf.

Das Thema wurde nach der schnellen Reaktion der betroffenen Schulen zurück an den Bildungsausschuss verwiesen, der auch einen neuen Vorsitzenden bekam. Der Landkreis hat sich für die Erhebung der relevanten Daten, die Analyse und Bewertung Zeit bis Ende 2023 erbeten und will wahrscheinlich im Jahr 2024 erneut über den Schulnetzplan und die Zukunft unserer Schule beschließen.

Unsere Grundschule ist also noch lange nicht sicher, die Entscheidung zur Zukunft nur verschoben. Wir müssen weiterhin nicht nur für den dauerhaften Erhalt sondern auch die Sanierung kämpfen.

 

Was würde das für den Standort Wernshausen und die Region bedeuten?

Wernshausen trägt rund 30% zu den gesamten Gewerbsteuereinnahmen der Stadt Schmalkalden bei – bei nur rund 15% der Bevölkerung. Die beiden neuen, sehr großen Gewerbegebiete werden zusammen mit den schon bestehenden für noch mehr Verkehr, Belastung der Bürger und Emissionen sorgen. Sie werden aber auch viele Arbeitskräfte benötigen, die natürlich auch gut vor Ort leben sollen. Hier sehen wir eine große Diskrepanz – Wirtschaft und Gewerbe expandieren und die Infrastruktur – zu der auch eine gute Bildungsinfrastruktur gehört wird reduziert. Das passt nicht! Wernshausen, Niederschmalkalden und Helmers dürfen nicht nur unter Wirtschaft und Verkehr leiden sondern müssen auch Heimat und Lebensraum sein, in dem man gut und gerne wohnt.

Weiterhin kommen aktuell rund 75% der Schüler zu Fuß in unsere Grundschule. Schülertransport und die damit verbundenen hohen Kosten für den Landkreis, Umweltbelastungen, der Zeitaufwand für Schüler und Eltern und die Gefahren des Straßenverkehrs sind für unsere Schüler zum größten Teil kein Thema! Warum sollte man das verändern?

Viele Eltern arbeiten zudem in der lokalen Industrie und sind daher auf den Frühhort ab 6 Uhr angewiesen – das betrifft mehr als 50% der derzeit 113 Schüler an unserer Grundschule!

 

Alle betroffenen Schulstandorte argumentieren mit der Bedeutung der Schule für ihren Ort. Aber sind kleine Schulen wie die Wernshäuser, angesichts des großen Lehrermangels, überhaupt noch zeitgemäß?

Die Statistik spricht hier ganz klar für die kleinen Grundschulen. Nicht nur, dass der Unterrichtsausfall im Schnitt deutlich geringer ist als an den großen Schulen, auch die Betreuungsquote – also das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern spricht für uns. Wir haben bei 113 Schülern nur 5 Lehrkräfte! Auch die Lehrer bevorzugen meist die Arbeit in kleinen, familiären Schulen. Kooperationen zwischen den Schulen können hier deutlich besser helfen.

Die Hauptursache des Lehrermangels ist eine falsche Einstellungspolitik der letzten Jahre. Zu lange und starre Prozesse – teilweise dauert es von der Bewerbung bis zur Einstellung 6-12 Monate. Befristungen und falsche Studienplatzvergabe sind andere Gründe. In keinem Bereich der Wirtschaft kann man so langfristig und gut planen – und trotzdem schaffen es viele Unternehmen ihren Personalbedarf weitestgehend zu decken.

Das Problem ist politischer Natur.

 

Was spricht Ihrer Meinung nach gegen eine Schulschließung?

Die Grundschule Wernshausen ist in einem stark industriell geprägten Ort der wichtigste Anker für den Zusammenhalt von Bürgern, Vereinen, Handwerk und Wirtschaft.

Es gibt in Wernshausen nicht die typische Dorfgemeinschaft und den dörflichen Zusammenhalt – der Kit der alles hält ist unsere Schule. Die Kinder treten bei vielen Veranstaltungen der Vereine auf. Die Schule ist Basis für den Nachwuchs in den Vereinen.

Die Unternehmen vor Ort brauchen Arbeitskräfte und für viele die in die Region ziehen fällt die Entscheidung für Wernshausen, weil hier neben Ärzten, Zahnärzten, Post und Einkaufsmöglichkeiten auch Kindergarten und Grundschule existieren!

Unser Landkreis ist einer derjenigen in Deutschland, der in den nächsten 2 Jahrzehnten mit den größten Bevölkerungsrückgängen zu kämpfen haben wird. Gegen diese demographische Veränderung können wir uns nicht stellen, indem wir den Zuzug von neuen Einwohnern immer unattraktiver machen.

Auch die erfolgreiche Integration von durchschnittlich 10-15 Kinderheimkindern sowie Flüchtlingskindern und den EU-Ausländern von der Zwick spricht klar für unsere Schule. Die Schüler und Lehrer haben viel Erfahrung im Umgang mit diesen Kindern, die teilweise schon einen katastrophalen Einstieg in ihr junges Leben hatten.

 

Die endgültige Entscheidung wurde vertagt. Ende 2023 soll neu bewertet und 2024 beschlossen werden. Nicht mehr viel Zeit. Wie wollen Sie als Eltern und Schulförderverein die Schließung verhindern?

Wir wollen vor allem auf die Bedeutung der Grundschule aufmerksam machen. Wir wollen die Bevölkerung mobilisieren und auch weiterhin so viel wie möglich tun um unsere Grundschule attraktiv zu machen. Dazu stehen wir auch im Kontakt mit der Politik.

Leider fällt uns jetzt auch die Landesregierung in den Rücken, die im aktuellen Entwurf Ihres neuen Schulgesetzes eine Zweizügigkeit – also das Vorhandensein von jeweils 2 Klassen einer Jahrgangsstufe – zur Bedingung für den Fortbestand machen möchte. Das würde in den ländlichen Thüringer Landkreisen das Aus für 40-50% der Grundschulen bedeuten. Das kann aus oben genannten Gründen nur abgelehnt und verhindert werden.

 

Landrätin Peggy Greiser kündigte einen „intensiven und beispiellosen Dialog“ unter Beteiligung der Schulen, Kommunen, Eltern und Fördervereine an, bei dem am Ende auch Modelle zur Steigerung der Zukunftsfähigkeit der standortkritischen Schulen im Zusammenspiel mit Kommunen und weiteren Partnern in den jeweiligen Regionen betrachtet werden sollen. Wie weit sind Sie im Dialog?

Leider sind wir als Schulförderverein bisher kaum eingebunden. Die Schulelternsprecher haben einen Kriterienkatalog erarbeitet und dieser wird aktuell bewertet. Von „intensiv und beispiellos“ kann beim Kontakt mit dem Förderverein keine Rede sein. Wir haben in den letzten Monaten aber auch von uns aus immer wieder den Kontakt zur Politik gesucht und so hat Schmalkaldens Bürgermeister Kaminski z.B. ein klares Bekenntnis zur Wernshäuser Schule ausgesprochen. Er werde diese auf jeden Fall erhalten – notfalls in Trägerschaft der Stadt! Sollte es also wirklich so weit kommen und die Entscheidung zur Schließung fallen, dann wird die Schule unter städtischer Trägerschaft weiter betrieben. Soweit soll es aber nicht kommen.

 

Halten Sie die Diskussion um die zu schließenden Standorte für eine rein zweckmäßige und durchdachte oder eine politische Entscheidung?

Aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten ergeben diese Überlegungen sicher hier und da Sinn. Aber sollte man bei Schulen wirklich nur rein wirtschaftliche Punkte in Betracht ziehen? Ist Bildung nicht ein viel höheres Gut und die einzige wirkliche Ressource, die wir in diesem Staat haben? Politisch werden viele Parteien und die Mitglieder des Kreistags und des Landtags sicher vor allem an Ihre eigene Wiederwahl denken – vermutlich sind da Schulschließungen wenig populär. Uns hilft aber auch keine Verlängerung der aktuellen Situation – um sagen wir 5 Jahre. Die betroffenen Schulen müssen zeitnah, wirtschaftlich und effiziert saniert werden um weiterhin beste Bildung gewährleisten zu können.

 

Der CDU Kreisverband steht hinter Ihnen und fordert den Weiterbetrieb der Schule. Gibt es weitere Unterstützer?

Neben der Kreis-CDU mit der ich in sehr intensivem Austausch stehe, gab und gibt es auch viele Gespräche mit der SPD – hier insbesondere mit Thomas Kaminski und Rolf Baumann auf Kreistagsebene.

Auch der Ortschaftsrat in Wernshausen sowie viele Unternehmen, Handwerker und Privatpersonen unterstützen uns. So konnten wir die Mitgliederzahl des Fördervereins im letzten Jahr von rund 40 auf über 70 steigern, haben einige Spenden erhalten und natürlich viel Zuspruch! Die erste Unterschriftensammlung Anfang 2022 hat direkt über 2500 Unterschriften ergeben.

Für viele Einwohner ist unsere Schule nach 140 Jahren einfach eine Selbstverständlichkeit, das Gebäude eines der schönsten in unserem Dorf – die Existenz keine Frage. Wir versuchen das es so bleibt – aber im Moment ist leider nichts Selbstverständlich.

Die Schule ist für unsere 3 Ortsteile elementar –wir werden weiter für sie kämpfen. Denn Bildung braucht Heimat!

 

Vielen Dank für das Gespräch

 

(Das Gespräch führte Maria Wilhelm / Titelfoto: Katrin Barth, Schulförderverein Wernshausen)

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